Dipl.-Ing. Jürgen Wullstein

Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger von der Kammer für München und Oberbayern für das Elektroinstallateurhandwerk

Vom Fundament bis zur PV-Anlage auf dem Dach

Während der Errichtung von Gebäuden wird die erste fachmännische Elektroinstallation bereits vor der Errichtung der Fundamente benötigt. Eine sichere und effiziente Funktion der Installation ist während der gesamten Nutzungsdauer der Anlage erforderlich.

Der Betreiber einer elektrischen Anlage ist dazu verpflichtet eine Reihe von Gesetzen, Verordnungen und Bestimmungen einzuhalten. Hieraus ergibt sich, dass Zertifikate, Nachweise und Dokumentationen während der gesamten Zeit zu sammeln sind.

Eine Begleitung Ihres Bauprojekts durch einen Sachverständigen hilft Ihnen rechtzeitig Mängel zu erkennen und Korrekturen zu ermöglichen, damit Ihr Projekt zu einem Erfolg führt. Der Aufwand für Korrekturen steigt meistens mit dem Baufortschritt.

Bei Streitigkeiten zwischen den am Bau Beteiligten sollte grundsätzlich ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Insbesondere, wenn sich scheinbar die Wogen nicht mehr glätten lassen. In diesem Fall sind meistens Gutachten unvermeidbar und hilfreich bei jeder gerichtlichen Auseinandersetzung.

Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen

Eine Flut von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Normen bestimmen unser tägliches Handeln. Eine Elektroinstallation ist keineswegs mit der Inbetriebnahme abgeschlossen. Insbesondere kommt während des Betriebs oder der Nutzung einer Elektroanlage eine Vielzahl von Regelungen zur Anwendung. Häufig wird in Gesetzen, Verordnungen oder Richtlinien auf Publikationen verwiesen, wodurch diese in ihrer rechtlichen Bedeutung angehoben werden. Die Verknüpfung der „Regeln der Technik“ mit der Paragraphenflut zwingt jeden Bürger zu verantwortungsvolles Handeln. Nachfolgend sind ein paar Beispiele aufgeführt, wodurch die Regeln der Technik eine besondere Bedeutung erlangen:

  • Vermieter: BGB § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
  • Mieter: BGB § 536c Während der Mietzeit auftretende Mängel; Mängelanzeige durch den Mieter
  • Errichter von Technischen Einrichtungen: StGB § 319 Baugefährdung, StGB 306d Fahrlässige Brandstiftung
  • Netzbetreiber: NAV §15 Überprüfung der Elektrischen Anlage
  • Arbeitgeber: BetrSichV § 10 Prüfung der Arbeitsmittel
  • Unternehmer: BGV A2 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel
  • Bauherrn: LBO Landesbauordnung
  • Versicherungsnehmer für PV-Anlagen: VdS 3145 Photovoltaikanlagen, Technischer Leitfaden
  • Versicherungsnehmer für Feuerversicherungen: VdS 3602 Feuerversicherung
  • Errichter und Betreiber von Elektroanlagen: Technische Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) auf der Grundlage von § 49 Abs. 2 bis 4 ENWG

Dokumentationen

Zu einer vollständigen Elektroinstallation gehört auch eine vollständige Dokumentation. Zu der Dokumentation gehören neben den Bestandsunterlagen auch alle erforderlichen Prüfprotokolle. Bei Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sind z.B. nachfolgende VDE-Bestimmungen zu berücksichtigen:

  • IEC 60364-1 (VDE 0100-100 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 1: Allgemeine Grundsätze“)
  • IEC 60364-6 (VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen“)
  • DIN EN 50110-1 (VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen“)
  • DIN EN 62305-3 (VDE 0185-3 „Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen“)
  • IEC 60364-7-712 (VDE 0100-712 „Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Solar-Photovoltaik-(PV)-Stromversorgungssysteme)
  • DIN EN 62446 (VDE 126-23 „Netzgekoppelte Photovoltaik-Systeme, Mindestanforderungen an Systemdokumentation, Inbetriebnahmeprüfung und wiederkehrende Prüfungen“)

Die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen hat grundsätzlich zu erfolgen. Darüber hinaus besteht z.B. für einen Betreiber einer PV-Anlage das Interesse, dass die Anlage auch mindestens den prognostizierten Ertrag liefert. Mit Kennlinienmessungen können die Leistungsangaben von Herstellern mit der tatsächlich erbrachten Modul- und Strangleistung vergleichen werden. Diese Messungen sind in keiner bekannten Norm als verpflichtend dargestellt, jedoch können mit derartigen Messungen Defekte an Modulen analysiert und nachgewiesen werden. Ursachen in der Ertragsminderung können u. a.

  • in einer fehlerhaften Stringanpassung an den Wechselrichter,
  • an Herstellertoleranzen
  • an Kurzschlüsse oder Unterbrechungen,
  • an Korrosion an den Klemmstellen und Steckern,
  • im Glasbruch,
  • an der Verschmutzung der Module,
  • an einer temperaturbedingten Abschaltung der Wechselrichter,
  • an defekten oder falsch montierten Bypassdioden,
  • an zu geringer Dimensionierung der Kabel,
  • an dem Hot-Spot-Effekt oder
  • an der Leistungsreduzierung aufgrund von Netzanforderungen

liegen.